für Finanzdienstleistungsaufsicht (2017) ergibt, seit vielen Jahren in der Kritik. Restschuldversicherungen seien, hieß es, zu teuer und zahlten oft nicht; sie seien intransparent, nachteilig gestaltet und würden dem Verbraucher ohne oder nach allenfalls schlechter Beratung aufgedrängt. Die BaFin hat diese Kritik in gleich mehreren Marktuntersuchungen (2017, 2019 und 2023) aufgegriffen und hat u.a. die außerordentlich hohen Provisionen beanstandet (2017). Der Gesetzgeber hat mit der Einführung eines Provisionsdeckels (§ 50a Abs. 1 VAG) und mit einer Doppelbelehrung über das Widerrufsrecht reagiert (§§ 7a Abs. 5, 7d VVG), hat aber nach wie vor Handlungsbedarf gesehen und die Rechtslage nunmehr erneut verschärft: Ab Inkrafttreten des Zukunftsfinanzierungsgesetzes (ZuFinG) am 1.1.2025 gilt für den Abschluss bestimmter Restschuldversicherungen eine Sperrfrist: Allgemein-Verbraucherdarlehen dürfen erst eine Woche nach Vertragsschluss über eine Restschuldversicherung abgesichert werden.
Einführung
Eine Restschuldversicherung schließt ab, wer einen Kredit aufnimmt und die Rückzahlung des Kredits für den Fall seines Todes absichern will – insb., um zu verhindern, dass seine Hinterbliebenen für die Restschulden aufkommen müssen. Dementsprechend ist die Restschuld- in der Regel eine Restkredit-Risikolebensversicherung. In § 3 der vom GDV herausgegebenen Musterbedingungen – „Allgemeine Bedingungen für die Restkreditlebensversicherung (Absicherung des Todesfallrisikos)“, RSVB – heißt es wie folgt:
Welche Leistungen erbringen wir? (1) Wir gewähren Versicherungsschutz bezüglich Zahlungsverpflichtungen aus einem Darlehens- oder Leasingvertrag (Kreditvertrag) für den Todesfall. Wenn die versicherte Person (das ist die Person, auf deren Leben die Versicherung abgeschlossen ist) während der Versicherungsdauer stirbt, zahlen wir die vereinbarte Versicherungssumme.
Denkbar ist, dass die Restschuldversicherung über das Todesfall-Risiko hinaus auch noch andere Wechselfälle des Lebens absichert, die die Fähigkeit des Kreditnehmers zur Rückzahlung des Kredits gefährden. Das gilt insb. für eine mögliche Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit.
Im Hinblick auf die rechtliche Konstruktion der Restschuldversicherung muss man sorgfältig unterscheiden: Kennzeichen der Einzel-Restschuldversicherung ist, dass der Kreditnehmer die Restschuldversicherung selbst abschließt: Er ist als Versicherungsnehmer Partei des Restschuldversicherungsvertrags.
Kennzeichen der Restschuld-Gruppenversicherung ist, dass Versicherer und Kreditgeber einen einheitlichen Restschuld-Gruppenversicherungsvertrag schließen. Der Kreditnehmer tritt diesem Restschuld-Gruppenversicherungsvertrag zwischen Versicherer und Kreditgeber (Versicherungsnehmer und Gruppenspitze) anschließend als versicherte Person bei.
Bei Eintritt des Versicherungsfalls steht die Leistung des Restschuldversicherers grundsätzlich dem Kreditgeber zu, denn sie dient bestimmungsgemäß dazu, die Restschulden des Kreditnehmers abzutragen. Dafür nicht (mehr) erforderliche, d.h. überschüssige Beträge überweist der Versicherer bei Eintritt des Versicherungsfalls an den Kreditnehmer (versicherte Person) bzw. an seine Hinterbliebenen. Das ergibt sich in der Restschuld-Einzelversicherung aus § 3 RSVB:
Wer erhält die Leistung? (1) Unsere Leistung aus dem Versicherungsvertrag erbringen wir unwiderruflich an den Kreditgeber zum Zweck der Tilgung der Zahlungsverpflichtungen aus dem Kreditvertrag. Eventuell überschießende Beträge stehen unwiderruflich der versicherten Person zu.
Eine vertragsrechtliche Regelung der Restschuld-Einzelversicherung findet sich in § 7a Abs. 5 VVG. § 7a Abs. 5 VVG ist auf die Kombination von Kredit und Restschuldversicherung (als Komplementärprodukt) gemünzt und führt eine doppelte Belehrungsobliegenheit des Restschuld-Versicherers ein: Wird eine Restschuldversicherung als Nebenprodukt oder als Teil eines Pakets oder derselben Vereinbarung angeboten, ist der Versicherungsnehmer eine Woche nach Abgabe seiner Vertragserklärung für das Versicherungsprodukt erneut in Textform über sein Widerrufsrecht zu belehren (Satz 1). Das Informationsblatt zu Versicherungsprodukten ist dem Versicherungsnehmer mit dieser Belehrung erneut zur Verfügung zu stellen (Satz 2). Die Widerrufsfrist (vgl. §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 152 Abs. 1 VVG) beginnt nicht vor Zugang dieser Unterlagen.
Die Doppelbelehrungsobliegenheit beruht darauf, dass der Gesetzgeber die Restschuldversicherung teils für „undurchsichtig“ hielt und „Fehlanreize beim Verkauf“ ausgemacht hatte. In vielen Fällen habe man den falschen Eindruck erweckt, ein Darlehen erhalte nur, wer eine Restschuldversicherung abschließe. Gleichzeitig seien sich viele Verbraucher nicht bewusst, welche Risiken eine Restschuldversicherung tatsächlich abdecke und welche Kosten damit verbunden seien. Daher sollten die Verbraucher losgelöst von der konkreten Verkaufssituation, im Abstand von einer Woche, nochmals besonders darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Restschuldversicherung widerrufen werden könne, ohne dass damit verbunden auch der Darlehensvertrag gefährdet würde (Debatte im Deutschen Bundestag, – 18. Wahlperiode –, Protokolle, 243. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29.6.2017, S. 25049 f.).
Aufsichtsrechtliche Besonderheiten
Im Mittelpunkt der aufsichtsrechtlichen Regelung der Restschuldversicherung steht der sog. Provisionsdeckel in § 50a Abs. 1 VAG: Gewährt ein Versicherungsunternehmen einem Versicherungsvermittler eine Abschlussprovision für den Abschluss einer Restschuldversicherung, darf die gewährte Vergütung 2,5% des durch die Restschuldversicherung abgesicherten Darlehensbetrages nicht übersteigen.
Diese Regelung gilt für jede Restschuldversicherung i.S. der (eher umständlichen) Definition in § 7 Nr. 34c VAG: Es muss sich um „eine Versicherung“ handeln, „die der Absicherung eines Verbrauchers aus einem Vertrag über einen entgeltlichen Zahlungsaufschub oder eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe oder aus einem Vertrag über ein Teilzahlungsgeschäft oder der Absicherung eines Darlehens- oder Leasingnehmers oder seiner Hinterbliebenen für den Fall des Todes, der Krankheit, der Arbeitslosigkeit, der Arbeitsunfähigkeit oder sonstiger Umstände, die zu einem Leistungsausfall des Verbrauchers oder des Darlehens- oder Leasingnehmers führen können, dient, und bei der die Versicherungsleistung bestimmungsgemäß ganz oder teilweise auf die Erfüllung der Ansprüche aus dem jeweiligen Vertragsverhältnis gerichtet ist“.
Besonderheiten der Restschuld-Gruppenversicherung
Die Restschuld-Gruppenversicherung ist durch ein Dreiecksverhältnis gekennzeichnet: Der Kreditgeber (bspw. eine Bank) gewährt dem Kreditnehmer (Bankkunde) einen Kredit – z.B. ein Allgemein-Verbraucherdarlehen und ermöglicht ihm zugleich, einer Restschuld-Gruppenversicherung beizutreten.
Abb. 1 Rechtsbeziehungen in der Restschuld-Gruppenversicherung
Die gesetzliche Regelung der Restschuld-Gruppenversicherung ist nicht leicht zu verstehen, weil das Dreiecksverhältnis zwischen Versicherer, Versicherungsnehmer (= Kreditgeber) und versicherter Person (Kreditnehmer) die dem VVG zugrunde liegende Rollenverteilung sprengt. Das gilt zunächst für die Informations- und Beratungspflichten des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer: Die gesetzliche Regelung in §§ 6 f. VVG führt in der Restschuld-Gruppenversicherung an sich dazu, dass der Versicherer den Kreditgeber (die Bank) beraten müsste (§ 6 Abs. 1 VVG) – obwohl die Bank als professionelle Marktteilnehmerin sicher keine Beratung braucht, als gleichberechtigter Partner an der Konzeption der Restschuld-Gruppenversicherungs-Vertrags beteiligt war und meist im gemeinsamen Interesse mit dem Versicherer agiert. Umgekehrt wird ausgerechnet der schutzbedürftige Bankkunde, der (meist als Verbraucher) einen Kredit aufnimmt, nach diesen Vorschriften weder informiert noch beraten. Der Gesetzgeber hat dieses Problem erst spät erkannt, hat aber (2017) mit § 7d Satz 1 VVG reagiert: Der Versicherungsnehmer (Kreditgeber) eines Gruppenversicherungsvertrags für Restschuldversicherungen hat gegenüber der versicherten Person (Kreditnehmer) die Beratungs- und Informationspflichten eines Versicherers.
Ergänzender Hinweis: Der EuGH (2022) hat inzwischen in der Rechtssache C-633/20 (TC Medical Air) entschieden, dass die Gruppenspitze zugleich Versicherungsnehmer und Versicherungsvermittler sein kann, so dass auch die Banken in der Restschuld-Gruppenversicherung als Versicherungsvermittler einzuordnen sind und gegenüber dem Bankkunden die Beratungspflicht gem. § 61 Abs. 1 VVG zu erfüllen haben.
Parallel dazu muss auch das Widerrufsrecht der versicherten Person zustehen: Gem. § 8 Abs. 1 VVG kann der Versicherungsnehmer seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen (Satz 1). Der Widerruf ist in Textform gegenüber dem Versicherer zu erklären und muss keine Begründung enthalten; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung (Satz 2). Dass es in der Restschuld-Gruppenversicherung nicht darum gehen kann, dass die den Kredit gewährende Bank das individuelle Versicherungsverhältnis widerruft, stellt § 7d Satz 2 VVG klar: Die versicherte Person hat die Rechte eines Versicherungsnehmers, insbesondere das Widerrufsrecht.
Die im Interesse des Verbraucherschutzes eingeführte doppelte Belehrungsobliegenheit (s.o.) besteht auch in der Restschuldgruppenversicherung: Über das Widerrufsrecht ist eine Woche nach Abgabe der Vertragserklärung erneut in Textform zu belehren (§ 7d Satz 3 VVG). Das Informationsblatt zu Versicherungsprodukten ist mit dieser Belehrung erneut zur Verfügung zu stellen (Satz 4). Die Widerrufsfrist beginnt nicht vor Zugang dieser Unterlagen (Satz 5).
Künftige Rechtslage
Das Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz – ZuFinG) vom 11.12.2023 ändert die Rechtslage nachhaltig: § 7a Abs. 5 VVG wird neu gefasst. § 7d VVG wird zum 1.1.2025 aufgehoben. Der Regelungsgehalt des § 7d S. 1 und 2 VVG wird (geringfügig verändert) in den neuen § 7a Abs. 5 VVG 2025 überführt (Satz 3 und 4).
§ 7a Abs. 5 VVG knüpft an Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge an. Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge sind entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer (s. § 491 Abs. 2 BGB). Im Einzelnen besagt § 7a Abs. 5 VVG in der vom 1.1.2025 an geltenden Fassung folgendes:
Der Versicherer darf einen Restschuldversicherungsvertrag, der sich auf einen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag bezieht, nur dann schließen, wenn der Versicherungsnehmer die Vertragserklärung frühestens eine Woche nach Abschluss des Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrags abgegeben hat (Satz 1). Verstößt der Versicherer gegen diese Verpflichtung, so ist der Restschuldversicherungsvertrag nichtig (Satz 2). Der Versicherungsnehmer eines Gruppenversicherungsvertrags für Restschuldversicherungen hat gegenüber der versicherten Person die Pflichten eines Versicherers (Satz 3). Die versicherte Person hat die Rechte eines Versicherungsnehmers, insbes. das Widerrufsrecht (Satz 4).
Im Hinblick auf die Neuregelung muss man künftig also unterscheiden:
Die Sperrfrist in § 7a Abs. 5 VVG 2025 führt zu einer zeitlichen Zäsur zwischen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag und Restschuldversicherung, so dass ein Vertrieb nach dem Modell „One-Stop-Shop“ künftig ausscheidet. Damit soll sichergestellt werden, dass bei Abschluss des Allgemein-Verbraucherdarlehens nicht mehr der Eindruck entsteht bzw. entstehen kann, der Versicherungsnehmer müsse eine Restschuldversicherung abschließen. Darüber hinaus soll der Kreditnehmer in aller Ruhe prüfen können, ob eine Restschuldversicherung wirklich sinnvoll ist oder nicht – und ob es auf dem Markt uU auch noch eine bessere als die ihm von dem Kreditgeber angebotene Restschuldversicherung gibt.
Fazit
Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Restschuldversicherung haben sich im Laufe der letzten Jahre immer weiter verschärft – auch, weil auf politischer Ebene der Eindruck entstanden ist, dass Restschuldversicherungen die Finanzierungskosten für Kreditnehmer in die Höhe treiben ohne dass dem ein entsprechender Mehrwert gegenüber stünde. Die neue Sperrfrist zum Schutz der Kreditnehmer gilt allerdings nur für Allgemein-Verbraucherdarlehen. Unternehmer sowie Verbraucher bei Immobiliar-Verbraucherdarlehen schützt sie nicht.
Quelle: Advisors up-to-date
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